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Konstantin Neven DuMont hat es im Oktober 2010 von der Vorstandsetage von M. DuMont Schauberg mit Negativschlagzeilen auf die Titelblätter geschafft: Die sogenannte Blog-Affäre blamierte den Verlegersohn in der gesamten Branche. Nachdem sich Neven DuMont in letzter Zeit zurückgezogen hatte, spricht er nun im Interview mit Marcel Fröbe über diese schwierige Zeit und seine Zukunftspläne.

Sie standen im Verdacht, im Blog des Medienjournalisten Stefan Niggemeier unter verschiedenen Pseudonymen kommentiert zu haben. Sie bestreiten das. Wer steckt dann dahinter?

Bevor Stefan Niggemeier diesen Verdacht äußerte, standen wir in einem intensiven Austausch. In diesem Zusammenhang hatte er mir mitgeteilt, dass er davon ausgehen müsse, dass ich nicht der Verfasser dieser anonymen Kommentare sei. Dennoch veröffentlichte er circa eine Woche später diesen Verdacht. Danach habe ich mich mit den zwei wirklichen Verfassern unterhalten. Sie haben mich aus Angst vor beruflichen Nachteilen eindringlich darum gebeten, ihre Namen nicht zu veröffentlichen. Ferner sagten sie, dass das doch alles gar nicht so schlimm sei und dass es sich bei den Beiträgen um „Kunst“ handeln würde. Auch in meinem Umfeld sprach sich die Mehrheit dafür aus, die Namen nicht zu veröffentlichen. Wenn ich zu diesem Zeitpunkt gewusst hätte, wie sich diese Geschichte weiterentwickeln würde, hätte ich wahrscheinlich anders gehandelt. Ich gebe zu, dass ich diese Geschichte zum damaligen Zeitpunkt nicht ernst genug genommen habe.

Sehen Sie sich als Opfer einer medialen Kampagne?

Ja, ich fühlte mich im Herbst als Opfer einer Kampagne. Zeitungen wie beispielsweise die Taz haben damals geschrieben, dass ich die Kommentare persönlich verfasst hätte und dass ich Hilfe brauchen würde. Es sollte der Eindruck vermittelt werden, dass ich nicht richtig „ticken“ würde. Der heutige Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung, Kurt Kister, machte sich über meinen angeblichen Hang zur Esoterik lustig. In diesem Zusammenhang sei angemerkt, dass ich mit Esoterik nichts am Hut habe und ihr sehr skeptisch gegenüberstehe. Obwohl solch eine große Kampagne gegen mich gefahren wurde, hat das meinem Ansehen auch aus heutiger Sicht nicht geschadet. Ich habe insbesondere auch im Management der Medienunternehmen nach wie vor einen guten Ruf. Das wird mir von verschiedenen Seiten immer wieder bestätigt. Auch sonst denke ich, dass sich die Kommentatoren mit dem, was sie da vor hatten, nicht durchgesetzt haben.

Wie hat es sich angefühlt, dermaßen in der Öffentlichkeit diskutiert zu werden?

Das ist natürlich jetzt auch wieder einige Zeit her, das heißt, dass sich meine Gefühlslage im Bezug auf diese Punkte auch schon wieder verändert hat. Grundsätzlich bin ich eigentlich gern in der Öffentlichkeit, weil ich dann auf Missstände aufmerksam machen kann, die mir persönlich wichtig sind. Beispielsweise der gescheiterte Umgang mit Gewaltverbrechern, soziale Gerechtigkeit oder Umweltschutz. In der Phase Oktober, November und Dezember fühlte ich mich insgesamt aber sehr ungerecht behandelt. Die Niggemeier-Geschichte war eine Sache. Aber das Skandalöse war, wie die sogenannten Qualitätsmedien darauf reagiert haben. Besonders schlimm waren die Wettbewerber der Zeitungen, die zu M. DuMont Schauberg gehören: Es wurden von ihnen eben auch Dinge behauptet, die nicht wahr sind. Das wurde dann leider nach der Fachpresse auch von weiteren Medien aufgegriffen. Die Medienredakteure haben hier zum Teil einfach voneinander abgeschrieben. So hatte sich dann ein völlig falsches Bild vervielfältigt.

Anschließend planten Sie öffentlich ein eigenes Internetportal. Wann startet das?

Ich gehe davon aus, dass es bald losgehen wird. Irgendwie kam in den letzten Monaten immer wieder etwas dazwischen. Es gibt wohl auch Menschen, die gar kein Interesse daran zu haben scheinen, dass meine Projekte an den Start gehen. Das zeigt sich in monatelangem, strafrechtlich relevantem Mobbing, der Tatsache, dass ich nicht ausgezahlt werde und allerlei sonstigen Ablenkungsmanövern. Es gibt aber auch noch andere Gründe, wie meinen Sportunfall und verzögerte Techniklieferungen aufgrund des Tsunamis. Ich will aber gar nichts entschuldigen oder rechtfertigen. Der Hauptgrund bin ich vermutlich selber. Ich brauchte einfach Zeit, mich zu sortieren beziehungsweise zu erden. Karriere ist eben doch nicht alles. Wenn man über 15 Jahre im sogenannten „Hamsterrad“ gelaufen ist, tut es gut, einfach mal die Seele baumeln zu lassen. Außerdem arbeite ich an diversen Drehbüchern und bereite Projekte vor. Sobald meine Rippenbrüche verheilt sind, wird das Tempo wieder erhöht.

Der Fokus Ihres Internetprojekts soll auf Medienkritik liegen. Was würden Sie just in diesem Moment an den Medien kritisieren?

Ich habe den Eindruck, dass vor allem die sogenannten „Qualitätsmedien“ zu viel über Banales berichten. Als Beispiel möchte ich die Hochzeit von William und Kate nennen. Diese wurde von ARD und ZDF zeitgleich übertragen. So bleiben wichtige gesellschaftspolitische Themen auf der Strecke. Die „Gier“ nach Quote scheint sich immer mehr durchzusetzen.

Auch weil die Medien ihrer Kontrollaufgabe nicht ausreichend gerecht würden, vertraut Neven DuMont durchaus auf den Mediennachwuchs. Gerade jetzt brauche es junge und engagierte Medienmacher. Darüber spricht er unter anderem im folgenden Videobeitrag.

Zusätzlich erschien ein Video-Interview, in dem Konstantin Neven DuMont weitere Fragen beantwortet.
Das Interview führte Marcel Fröbe. Es erschien am 06. Mai 2011 auf medienMITTWEIDA.

Die Axel Springer AG möchte iPad-Nutzer für die digitale Bild zur Kasse bitten. Für das Tablet erschien Anfang Dezember eine kostenpflichtige App, gleichzeitig wurde die Website des Boulevard-Blatts für iPad-Zugriffe gesperrt. Eine Glosse.

Schwer muss das Leben als Bild-Zeitung sein. Nach einem Tag schon wird das Printprodukt beiseite gelegt, alt und unansehnlich ist es dann. Bestenfalls, denn womöglich wird Fisch in die Zeitung gewickelt. Ohnehin, so richtig mag niemand die Bild-Zeitung: Verleugnet, „Nein – ich lese so was doch nicht.“ Ein fader Beigeschmack, wenn keiner zugibt, einen gern zu haben.

Doch dafür hat der Axel Springer-Verlag eine Lösung: Die digitale Bild soll ihre wahren Freunde finden. Doch was sind denn Zeitung’s echte Freunde in der Internetepoche? Es sind die, die für Inhalte auch online im Kleingeldbeutel kramen. Die Umsetzung – ganz simpel. Man programmiere eine iPad-App und verriegele im Gegenzug die eigene Webseite für iPads. Einmal umrühren, fertig. Nun werden die Menschen in Strömen die App laden, um 79 Cent pro Ausgabe zu zahlen und damit 19 Cent mehr als für ein gedrucktes Exemplar. Jede Menge Leute zum Spielen, fein, mag sich die Bild denken.

Wann hatte der Nutzer zuletzt so viel Spaß?
Oder: Echte Freunde zum Versteckspiel

Das Boulevard-Blatt hat sogar schon einige Spiele vorbereitet. So muss die zahlende Kundschaft beispielsweise virtuellen Sand von einem Artikel fegen, um diesen lesen zu können. Doch wird das die Kumpanen wahrscheinlich nur so lange bei Laune halten, wie die Sandkästen der Republik überfroren sind. Ob im Sommer dann Schnee von den Texten geschaufelt werden muss, ist noch unklar.

Abseits dessen zeigt die schöne, neue iPad-Welt bereits hässliche schwarze Löcher. Durch diese lässt sich die Tablet-Sperre umgehen. Zu allem Übel dürfte das dem zahlungsunwilligen, falschen Freund noch nicht einmal schwer fallen. Es reicht aus, mit einem anderen als dem vorinstallierten Browser bild.de aufzurufen. Schon strahlen den User wie eh und je plakativ-boulevardeske Storys entgegen. War der ganze Spaß also ernst gemeint? Oder vertreibt sich bild.de derweil die Zeit mit Verstecken spielen? Eine gute Frage, wahrscheinlich kennt nur der SMS-Guru die Antwort. Doch der hielt sich bedeckt – zugegebenermaßen wollte ich keine 1,99 Euro für eine ein- bis zweisätzige Antwort investieren. Das sind immerhin 2,518987 iPad-Bild.

Klar ist jedoch, dass sich die Axel Springer AG mit ihren Online-Strategien auf Erfolgskurs befindet. Schließlich sagt sie das oft genug. Auch die neuen Schritte setzt der Medienkonzern in die richtige Richtung. Durch die Sperrung der Bild-Seite für Apples Tablet vergrault der Verlag zwar einhundert Prozent seiner iPad-Nutzer. Doch so einfach ist die Rechnung dann doch nicht, denn die Bild kann jetzt kräftig sparen. Weniger Visits, geringere Anforderungen an die Server – von der Redaktion ganz zu Schweigen.

Dafür erscheint das Blatt digital bereits am Vorabend. Zum Glück haben sich die Macher nicht dazu entschlossen, die Zeitung von morgen schon zwei oder drei Tage früher online zu stellen. Denn dann wären sie ja auf das Terrain von Astro TV vorgestoßen. Eine ekelhafte Schlammschlacht hätte das gegeben. Oder Sandschlacht?

Von Marcel Fröbe. Der Artikel erschien am 16. Dezember 2010 auf medienMITTWEIDA.